Investitionshypothese – Warum der Strombedarf explodiert und der Energiemix komplex bleibt
- Darius Hirz
- 3. März
- 6 Min. Lesezeit

1. Treiber des steigenden Strombedarfs: Mehr als nur E-Autos und Rechenzentren
Die globale Stromnachfrage wird bis 2040 voraussichtlich um 70–150 % gegenüber 2020 steigen – abhängig von der Geschwindigkeit der Dekarbonisierung und technologischen Durchbrüchen. Die Gründe sind vielfältig:
Elektrifizierung aller Sektoren:
Verkehr: Bis 2030 könnten 300 Millionen E-Autos auf den Straßen sein (IEA), die allein 5–10 % des globalen Stroms verbrauchen.
Industrie: Hochtemperatur-Prozesse (Stahl, Zement) und Wasserstoffproduktion („grüner Stahl“) benötigen enorme Strommengen.
Gebäude: Wärmepumpen ersetzen Öl- und Gasheizungen – in der EU sollen bis 2030 30 Millionen Einheiten installiert werden.
Digitalisierung und KI:
Ein großes KI-Rechenzentrum verbraucht bis zu 100 MW Strom – so viel wie eine Kleinstadt. Bis 2030 könnte der Energiebedarf von Rechenzentren auf 8 % der globalen Stromproduktionsteigen.
Kryptowährungen und Blockchain: Allein Bitcoin verbraucht heute mehr Strom als die Niederlande.
Klimapolitik und Wasserstoff:
Die Produktion von grünem Wasserstoff (für Industrie und Schwerlastverkehr) könnte bis 2040 3.000–5.000 TWh Strom pro Jahr beanspruchen – das entspricht der heutigen Stromerzeugung der USA und der EU zusammen (IRENA).
2. Regionale Unterschiede: Wo der Stromhunger am größten ist
Asien:
Indiens Strombedarf wird sich bis 2040 verdreifachen, getrieben durch Urbanisierung und Industrie.
China baut weiterhin Kohlekraftwerke als „Backup“ für Solar- und Windflauten – trotz Rekordinvestitionen in Erneuerbare.
Europa:
Ambitionierte Klimaziele (55 % CO₂-Reduktion bis 2030) erfordern eine Verdreifachung der Solar- und Windkapazitäten – gleichzeitig steigt der Bedarf durch E-Autos und Wärmepumpen um 2–3 % pro Jahr.
USA:
Der Inflation Reduction Act (IRA) pusht Investitionen in Erneuerbare und Speicher: Bis 2030 könnten 80 % des US-Stroms CO₂-arm sein (Solar, Wind, Kernkraft).
Der Strombedarf für Rechenzentren und Chipfabriken (KI-Boom) steigt in einigen Bundesstaaten um 7–10 % pro Jahr.
3. Der Energiemix: Warum Fossile nicht verschwinden – und Erneuerbare an Grenzen stoßen
Erneuerbare Energien:
Solar und Wind könnten bis 2040 50–60 % des globalen Stroms liefern.
Probleme: Volatilität, Flächenkonflikte (z. B. Proteste gegen Windparks in Deutschland) und langsame Netzintegration.
Fossile Brennstoffe:
Gas bleibt systemrelevant: In der EU deckt es 20 % der Stromerzeugung und dient als Brückentechnologie.
Kohle: In Asien und Afrika werden bis 2030 noch 200 neue Kohlekraftwerke gebaut – vor allem wegen niedriger Kosten und Versorgungssicherheit.
Kernenergie:
Small Modular Reactors (SMRs) könnten ab 2030 die Renaissance der Atomkraft einläuten. Frankreich und China planen 50 neue Reaktoren bis 2035.
Speicher und Netzinfrastruktur:
Ohne Batteriespeicher und modernisierte Netze scheitert die Energiewende. Bis 2040 müssen global 1.300 GW Speicherkapazität aufgebaut werden – das 20-Fache des heutigen Bestands.
4. Politische und wirtschaftliche Risiken: Stolpersteine auf dem Weg zur Dekarbonisierung
Subventionen vs. Realität:
Der europäische Green Deal und der US-IRA pumpen 1,5–2 Bio. € in saubere Energie – doch Genehmigungsverfahren und Fachkräftemangel bremsen Projekte aus.
Beispiel Deutschland: Nur 20 % der geplanten Windparks wurden 2023 rechtzeitig genehmigt (Bundesverband Windenergie).
Kostenexplosionen:
Offshore-Windprojekte in den USA und Europa wurden 2023 teilweise gestoppt – wegen gestiegener Zinsen und Materialkosten (z. B. Siemens Energy mit 6,5 Mrd. € Verlust im Windgeschäft).
Geopolitische Abhängigkeiten:
China dominiert die Lieferketten für Solar (80 % der Module), Wind (60 % der Turbinen) und Batterien (75 % der Produktion).
Seltene Erden (z. B. Neodym für Windturbinen) sind zu 90 % in chinesischer Hand – ein Risiko für westliche Dekarbonisierungspläne.
5. Die große Frage: Schafft die Infrastruktur den Anschluss?
Netzausbau:
Europa benötigt bis 2030 40.000 km neue Hochspannungsleitungen, um Windstrom aus der Nordsee zu verteilen.
In den USA blockieren lokale Gemeinden seit Jahren den Bau von Übertragungsleitungen für Solar- und Windparks („Not in My Backyard“-Syndrom).
Digitalisierung der Netze:
Smart Grids und KI-gestützte Lastensteuerung könnten den Bedarf an physischem Netzausbau um 20–30 % senken.
Fazit: Warum diese Hypothese langfristig trägt
Der Strombedarf wird nicht linear, sondern exponentiell wachsen – getrieben durch eine noch nicht vollständig absehbare Kombination aus Dekarbonisierung, Digitalisierung und geopolitischen Schocks. Investoren müssen drei Dimensionen beachten:
Diversifikation: Erneuerbare, fossile Brückentechnologien und Netzinfrastruktur.
Regionale Schwerpunkte: Asien setzt auf Kohle und Solar, Europa auf Wind und Wasserstoff, die USA auf Kernkraft und Gas.
Risikomanagement: Lieferketten, politische Regulierung und gesellschaftliche Akzeptanz entscheiden über Erfolg oder Scheitern.
Unsere Investitionsideen:
Siemens Energy
Siemens Energy ist in verschiedenen Bereichen der Energiebranche tätig und konzentriert sich auf drei zentrale Geschäftsfelder: Energy Generation, Energy Transmission und Energy Services.
Im Segment Energy Generation entwickelt und produziert das Unternehmen Technologien zur Stromerzeugung. Dazu gehören unter anderem Gasturbinen, Dampfturbinen und Windturbinen, die eine effiziente und zuverlässige Energieproduktion ermöglichen.
Das Geschäftsfeld Energy Transmission umfasst die Entwicklung und den Vertrieb von Systemen zur Energieübertragung und -verteilung. Dazu zählen Hochspannungsschaltanlagen und Transformatoren, die eine stabile Stromnetzinfrastruktur gewährleisten und den sicheren Transport elektrischer Energie ermöglichen.
Im Bereich Energy Services bietet Siemens Energy umfassende Dienstleistungen zur Wartung, Reparatur und Optimierung von Energieanlagen an. Dazu gehören auch digitale Lösungen zur Vernetzung und Betriebssteuerung von Energieanlagen, die Effizienz und Zuverlässigkeit steigern.
https://www.finanzen.net/aktien/siemens_energy-aktie
Vistra
Vistra ist ein US-amerikanisches Energieunternehmen, das in mehreren Geschäftsbereichen tätig ist. Der Fokus liegt auf der Erzeugung, dem Vertrieb und der Vermarktung von Strom. Das Unternehmen betreibt eine Vielzahl von Energieerzeugungsanlagen, darunter sowohl konventionelle Kraftwerke auf Basis fossiler Brennstoffe als auch Anlagen für erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie. Die Stromproduktion erstreckt sich über mehrere Bundesstaaten, um eine umfassende geographische Abdeckung sicherzustellen.
Zusätzlich bietet Vistra Retail Electricity Services an und verkauft Stromprodukte sowie Dienstleistungen direkt an Endverbraucher – sowohl an Haushalte als auch an Gewerbe- und Industriekunden. Dabei entwickelt das Unternehmen individuelle Energielösungen, die den spezifischen Anforderungen der Kunden entsprechen, und unterstützt sie bei der Optimierung ihres Energieverbrauchs.
Ein weiterer zentraler Bereich ist der Betrieb und die Verwaltung von Energieinfrastrukturnetzen, einschließlich der Übertragung und Verteilung von Elektrizität. Darüber hinaus engagiert sich Vistra in der Entwicklung und Umsetzung von Energieeffizienzprojekten und fördert nachhaltige Initiativen, um seinen ökologischen Fußabdruck zu minimieren.
GE Vernova
GE Vernova entstand im April 2024 durch die Abspaltung von General Electric und agiert als eigenständiges Energieunternehmen. Das Unternehmen deckt mehrere Bereiche der Energieerzeugung und -versorgung ab und ist an der gesamten Wertschöpfungskette der Elektrifizierung beteiligt.
Gas Power: GE Vernova entwickelt und baut fortschrittliche erdgasbetriebene Kraftwerke und bietet Dekarbonisierungslösungen zur Reduzierung von CO₂-Emissionen an.
Hydro Power: Das Unternehmen setzt auf modernste Technologien zur Errichtung von Wasserkraftanlagen zur nachhaltigen Energieerzeugung.
Kernenergie: GE Vernova entwickelt fortschrittliche Reaktortechnologien, produziert Brennstoffe und bietet nukleare Dienstleistungen an.
Steam Power: In diesem Segment stellt das Unternehmen Technologien und Services bereit, die Atom-, Industrie- und Kohlekraftwerken dabei helfen, ihren Kohlenstoffausstoß zu reduzieren.
Mit diesem breit gefächerten Portfolio spielt GE Vernova eine Schlüsselrolle bei der globalen Energiewende und der nachhaltigen Elektrifizierung.
Vertiv
Vertiv Holdings ist ein Unternehmen, das sich auf Lösungen für kritische digitale Infrastrukturen spezialisiert hat. Es bietet Produkte und Dienstleistungen in den Bereichen Thermal Management, Power, IT Management und Integrated Rack Systems an, die vor allem in Rechenzentren und anderen technologisch anspruchsvollen Umgebungen zum Einsatz kommen.
Thermal Management: Vertiv entwickelt Systeme zur Temperaturregulierung, um die effiziente Wärmeabfuhr in Rechenzentren und anderen Anlagen mit hoher Wärmelast sicherzustellen.
Power: Das Unternehmen bietet unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USV), Stromverteilungseinheiten und weitere Lösungen zur Sicherstellung einer stabilen und zuverlässigen Stromversorgung in kritischen Infrastrukturen.
IT Management: Hierzu gehören Software- und Hardwarelösungen zur Überwachung und Verwaltung von IT-Infrastrukturen, um Ausfallsicherheit und Effizienz zu gewährleisten.
Integrated Rack Systems: Vertiv bietet Gestelllösungen für IT- und Netzwerkausrüstungen, die darauf ausgelegt sind, die Komplexität des Rechenzentrumsmanagements zu reduzieren und eine nahtlose Integration verschiedener Komponenten zu ermöglichen.
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5. First Solar
First Solar ist ein führendes Unternehmen in der Herstellung von Solarmodulen und der Bereitstellung von Photovoltaik-Lösungen. Der Schwerpunkt liegt auf der Produktion von dünnfilmigen Solarmodulen, insbesondere mit Cadmiumtellurid (CdTe) als Halbleitermaterial. Diese Technologie gilt als besonders kosteneffizient und zeichnet sich durch einen geringeren Materialverbrauch im Vergleich zu herkömmlichen Silizium-Solarzellen aus.
Neben der reinen Produktion von Solarpanels bietet First Solar umfassende Dienstleistungen im Bereich Photovoltaik-Lösungen an. Dazu gehören Planung, Finanzierung, Errichtung und Wartung von Solaranlagen. Das Unternehmen ist global tätig und bedient sowohl Geschäfts- als auch Privatkunden mit seinen Produkten und Services.
Ein besonderes Augenmerk legt First Solar auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Das Unternehmen engagiert sich aktiv für die Förderung erneuerbarer Energien und verfolgt einen umweltbewussten Ansatz bei der Entwicklung seiner Produkte.
Montag, 03.03.2025 10:20 Uhr
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Die in diesem Beitrag dargestellten Informationen und Prognosen dienen ausschließlich der allgemeinen Information und stellen keine Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf beziehungsweise Verkauf von Wertpapieren dar. Jede Investitionsentscheidung erfolgt auf eigene Verantwortung. Es wird dringend empfohlen, vor einer Anlageentscheidung einen unabhängigen Finanzberater zu konsultieren.
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